Zwei Ringe, fünf Leben

Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe in der Schweißtechnik

Man könnte sie die „Mutter aller Anwendungen“ für Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe vom Typ CEP DISCUP® nennen: die Stromkontaktdüse für Schweißapparaturen. Mit ihr begann vor beinahe zwei Jahrzehnten die Erfolgsgeschichte von CEP Freiberg. Normalerweise verlaufen Entwicklungen vom Einfachen zum Schwierigen. Hier war es anders herum. Stromkontaktdüsen (oder auch: Stromkontaktrohre, Stromdüsen – die Begrifflichkeit ist uneinheitlich) verlangen den komplexesten Werkstoff und die ungewöhnlichste Herstellungstechnologie aller unserer Produkte. Aber fangen wir von vorne an: beim Anwenderproblem.

Punktschweiß-Elektroden
CEP Freiberg liefert langlebige Stromkontaktdüsen für Schweißapparaturen – oder das Halbzeug zu deren Produktion

Wegwerfartikel wider Willen

Die Stromkontaktdüse – das ist jenes Teil von MIG-, MAG- oder auch UP-Schweißgeräten, das an vorderster Front arbeitet. Es sieht aus wie eine Kugelschreiberspitze, nur dass hier durch die Öffnung der schmelzende Schweißdraht austritt. Die Düse wird also sehr heiß – so heiß, dass sie sich während der Arbeit bald verformt und dem Draht keine exakte Führung mehr bietet. Dann heißt es: das Schweißgerät anhalten und Düse auswechseln. Wenn es schlecht läuft, kann das aller zehn Minuten der Fall sein. Müsste die Düse doch nicht ausgerechnet aus dem wenig temperaturresistentem Kupfer sein! Genau das muss sie aber, denn sie stellt den Stromkontakt zum Draht her, der das Schweißen überhaupt erst ermöglicht. Hauptaufgabe: beste Leitfähigkeit! Es ist ein klassisches LT-Problem, schwer zu lösen. Nur die Schrottkiste freut sich, weil sie voll wird. Aber wir ahnen es bereits: Man könnte etwas dagegen tun.

Jetzt kommen unsere Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe

Ja, sie kommen; nur in dem Fall nicht allein. Einerseits würde das nicht reichen, in puncto elektrischer Leitfähigkeit nämlich: Manche Kunden wollen selbst die kleinen Abstriche nicht machen, die mit dem modifizierten Kupferwerkstoff aus physikalischen Gründen nun mal unvermeidlich sind. Denn welcher klassische Leiterwerkstoff könnte besser sein als reines Kupfer? Andererseits wäre es einigen auch zu viel: Für Düsen ganz aus Kupfer-Hochtemperaturwerkstoff müssten sie, gemessen am Lebensdauergewinn, dann doch einen zu hohen Preis bezahlen. Es sei denn…, aber darüber reden wir ein andermal. Das Problem wurde wie folgt gelöst: Wir entwickelten einen Verbundwerkstoff, der beide Welten miteinander vereint, und zwar in Form eines doppelwandigen Rohres. Innen besteht es aus temperaturverschleißbeständigem Kupfer-Hochtemperaturwerkstoff, außen aus hoch leitfähigem Kupfer. Name des Werkstoffs: CEP DISCUP®+Cu. Allerdings ist die Herstellung nicht einfach. Man braucht dazu eine besondere Technologie und spezielle Anlagentechnik.

Die zarteste Umformung, seit es Strangpressen gibt

Erinnern wir uns, wie Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe klassischerweise erzeugt werden: Grünling formen und mittels indirekten Strangpressens zu Langmaterial verarbeiten. In einem früheren Beitrag berichteten wir darüber. Schon damals deuteten wir an: Es geht auch anders. Darauf kommen wir nun heute zurück. Mit dem Verbundwerkstoff. Auch hier gibt es ein strangpressfähiges Vorprodukt in der granatenartigen Form des klassischen Grünlings, aber das ist zunächst einmal aus ganz normalem Kupfer. Den Kern bohren wir auf und treiben ein Stück Kupfer-Hochtemperaturwerkstoff-Grünling als neuen Kern hinein. Auch ihn bohren wir anschließend auf – es soll ja ein Rohr entstehen. Dieser „Verbund-Grünling“ geht nun in eine ganz besondere Maschine: die hydrostatische Strangpresse. In ganz Europa gibt es davon unseres Wissens nur zwei Stück – eine davon bei CEP Freiberg. In dieser hydrostatischen Strangpresse wird der empfindliche Verbundwerkstoff in einer Art sanften Massage zum Rohr umgeformt. Das mit der sanften Massage stimmt natürlich nur relativ: Es sind hohe Kräfte am Werk, aber sie verteilen sich so fein auf das Werkstück, dass beide Komponenten gleichermaßen verformt werden und in innigen Kontakt kommen. Grund: Die Kräfte werden indirekt, über ein Ölbett, übertragen. Wie immer bei der Rohrherstellung, wird beim Umformen in der Innenbohrung ein Dorn mitgeführt, damit sie genau die gewünschte Kontur erhält. Diese kann einfach nur zylindrisch glatt oder aber sternförmig profiliert sein. Manche Schweißdrähte laufen in solchen Bohrungen besser: mehr Platz für den Abrieb.

Es lohnt sich

Stromkontaktdüsen aus CEP DISCUP®+Cu haben eine bis zu fünf Mal längere Lebensdauer als konventionelle, sind aber nur unwesentlich teurer als jene. Das lohnt sich. Wir fertigen selbst Düsen, passend zu den Brennersystemen führender Schweißtechnik-Hersteller wie

  • Abicor Binzel
  • Fronius
  • Dinse
  • Cloos

an. Wenn Sie es genau wissen wollen: Auf der Website von CEP Freiberg finden Sie einen Angebotskatalog. Auch Sonderanfertigungen sind möglich. Düsen, die direkt aus unserem Haus kommen, erkennt man übrigens an einem in den Korpus eingestochenen Doppelring. Es handelt sich um ein gesetzlich geschütztes Markenzeichen. Schwarze Schafe mögen wir nicht.

Doch alles in einem?

Bekanntlich ist die Zusammensetzung unserer Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe ein Experimentierfeld. Der Versuch liegt also nahe, die Physik zu überlisten und einen homogenen Werkstoff zu entwickeln, der nahezu genau so gut wie Kupfer leitet (fast so gut leitet er ja jetzt schon!), aber eben trotzdem hochtemperaturbeständig ist. Es ist ein Optimierungsproblem, und zwar kein einfaches. Wir verraten nicht zu viel, wenn wir sagen: Wir arbeiten daran.