Probieren geht über studieren

Anwendung von Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffen im LT-Bereich

Heute wollen wir darüber berichten, wo Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe vom Typ CEP DISCUP® aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften im Maschinen- und Anlagenbau welche Probleme lösen können. Beginnen wir mit den Anwendungen, die sozusagen dem genetischen Code dieser Werkstoffe entspringen: den LT-Anwendungen. Was nun folgt, sind Anwendungsbeispiele, gegründet auf praktische Erfahrungen. Sollte Ihr Werkstoffproblem gerade zwischen zwei Beispielen liegen, dann halten Sie sich am besten an den alten Spruch: Probieren geht über studieren.

Fertiger Kupfer-Hochtemperaturwerkstoff CEP DISCUP®, Stangenmaterial

Drei potentielle Anwendungsbereiche bei LT

Noch einmal zur Erinnerung: „LT“ steht für jenen gordischen Knoten der Werkstofftechnik, bei dem sich die Anforderung nach elektrischer und / oder thermischer Leitfähigkeit mit der nach Temperaturbeständigkeit überschneidet.

Natürlich könnten wir jetzt einfach nur jene konkreten Anwendungen aufzählen, die sich schon heute in regelmäßigen Bestellungen bei CEP Freiberg niederschlagen. Das hieße aber die Fähigkeiten der Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe zu unterschätzen – vieles ist einfach noch nicht ausprobiert worden. Sollte es aber!

Sinnvoller erscheint es uns daher, von potentiellen Anwendungsbereichen zu sprechen. Natürlich wissen wir, dass man Konstrukteuren, die Werkstoffentscheidungen treffen müssen, keine Luftschlösser bauen darf. Schließlich sprechen wir nicht von banalen Einsatzfällen, sondern von schwierigen. Wenn man daher einfach nur verlängert, was schon bekannt ist, ergeben sich recht seriöse Prognosen. Wagen wir also den Blick über den Tellerrand: Was wissen wir über die Anwendungsmöglichkeiten unserer Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe bei „LT“ – und zwar auch aufgrund von Tests und schon verwirklichten Einzelanwendungen? Sie eignen sich für:

  • Bauelemente in Elektronenstrahl- und Mikrowellenröhren
  • Temperaturbeständige Strukturbauteile
  • Strom und Wärme leitende Arbeitswerkzeuge.

Bauelemente in Elektronenstrahl- und Mikrowellenröhren

Kathoden, Anoden und Kühlelemente in Elektronenstrahl- und Mikrowellenröhren verschleißen bekanntlich, und das heißt: Die Röhren müssen ersetzt werden. Es gibt aber Einsatzfälle, bei denen das nicht so einfach geht und bei denen die Umgebungsbedingungen noch zusätzlich zum Verschleiß beitragen. Einer davon ist die Satellitentechnik. CEP DISCUP® könnte hier ein geeigneter langzeittauglicher Austauschwerkstoff für die sonst üblichen Werkstoffe (Kupfer, Nickel oder Wolfram-Kupfer-Legierungen) sein.

In der strahlenmedizinischen Gerätetechnik kommen Dreh- und Stehanoden zum Einsatz. Sie kann man zwar auswechseln, aber es handelt sich besonders kostspielige Bauteile. Womöglich können also Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe auch hier die Lebensdauer verlängern.

Temperaturbeständige Strukturbauteile

Im letzten Beitrag erwähnten wir, dass unsere Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe für temperaturbeständige Traggerüste von Hochfeldmagneten im CERN eingesetzt werden. Bleiben wir gedanklich in diesem Einsatzfeld: dem der Elektronenstrahlbeschleuniger und der Kerntechnologie. In solchen Anlagen gibt es Stellen, an denen hochenergetische Strahlung umgelenkt oder auch vernichtet werden muss. Die dafür erforderlichen Bauteile – etwa thermische Absorber und Beamdumps – müssen höchste Temperaturbeständigkeit und zugleich Wärmeleitfähigkeit aufweisen. Hinzu kommt Strahlenresistenz.

Oft werden für derartige Bauteile kostspielige und schwer zu verarbeitende Sonderwerkstoffe verwendet. Je weniger man von ihnen braucht, desto besser. Dort wo die Temperaturen unter die Marke von 900 °C rutschen, also in der Peripherie der Bauteile, empfehlen sich Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe. Sie sind preiswert und leicht zu bearbeiten. Noch dazu leiten sie die Wärme ungleich besser ab als die zumeist komplex aufgebauten Sonderwerkstoffe, die eher nur hochtemperaturbeständig sind. Eine Kombination aus beiden Werkstoffarten dürfte die Anforderungen an solche Bauteile also am besten erfüllen.        

Auch auf die kürzlich schon erwähnten Strahlen-Umlenkspiegel wollen wir nochmals zurückkommen. An sie werden ganz ähnliche Anforderungen gestellt – zuzüglich einer im Interesse des präzisen Strahlengangs hochgradigen Polierfähigkeit. Klassischerweise bestehen solche Spiegel aus hitze- und zunderbeständigen Stählen, aus Silizium oder Zerodur. Vom Preis-Leistungs-Verhältnis her könnten Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe auch hier punkten. Dass sie polierfähig sind, steht außer Frage. Ob sie es im ausreichenden Maß sind, bedarf praktischer Untersuchung. Der Aufwand dürfte die Mühe lohnen.

Von hier aus lassen sich nun gedankliche Brücken zu mindestens zwei weiteren Anwendungen schlagen. Eine führt zur Laserbearbeitungstechnik, wo ebenfalls Spiegel benötigt werden, darüber hinaus noch Aperturen und andere Bauteile mit LT-Anforderungen.

Die andere Brücke führt zu Wärmeübertragern, etwa in der chemischen Industrie oder in der Energietechnik. Sie sind geradezu Paradebeispiele für LT-Anwendungen. Auch bei solchen Anlagen sind Einsatzfälle denkbar, wo unliebsame Werkstoff-Kompromisse, die aufgrund hoher Temperaturen getroffen wurden, mit Hilfe von Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffen ausgeräumt werden können. Rohre im für Wärmeübertrager üblichen Durchmesser- und Längenbereich sind jedenfalls durchaus herstellbar.

Strom und Wärme leitende Arbeitswerkzeuge

Seit Jahren schon liefert CEP Freiberg Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe für besonders langlebige Stromkontaktdüsen zum Lichtbogenschweißen, außerdem nicht klebende Elektrodenkappen für das Widerstandsschweißen („Punktschweißen“). Über beide Produkte werden wir in Kürze noch ausführlich berichten. Naheliegend ist nun, dass sich die Werkstoffe aufgrund der verwandten Einsatzbedingungen auch für die Arbeitswerkzeuge von Laser- und Plasma-Bearbeitungsanlagen sowie für die von Senk-Erodieranlagen eignen dürften.

Variable Rezeptur

Ganz wichtig: Kupfer-Hochtemperaturwerkstoffe vom Typ CEP DISCUP® sind kein festgefügtes Werkstoffsystem, sondern ein variables. Ihre Zusammensetzung und ihre Verarbeitung lassen sich so verändern, dass bestimmte Eigenschaften gezielt herausgearbeitet werden können. Wie die bisherige Praxis gezeigt hat, kann man anhand von Vorversuchen mit den bereits vorhandenen Werkstoffqualitäten durchaus abschätzen, ob es sich lohnt, einen Einsatzzweck weiterzuverfolgen. Wenn dem so ist, dann hat CEP Freiberg größtes Interesse daran, die Sache gemeinsam mit den Kunden zum Erfolg zu bringen. Insofern, liebe Konstrukteurinnen und Konstrukteure: Seien sie mutig!